Mittwoch, 24. Oktober 2012

Kurze Auszeit in Misyani

Von Sonntag bis Dienstag haben Svenja und ich zwei andere Freiwillige in ihrer Einsatzstelle in Misyani (ca. 80 km von Nairobi entfernt) besucht. Die beiden arbeiten dort im Small Home, eine Einrichtung, in der Schülerinnen und Schüler der St. Francis Misyani Primary School wohnen, die eine körperliche Behinderung haben. Aufgrund der Einschränkungen, die diese Kinder haben, wäre es sehr schwierig für sie, einen längeren Schulweg auf sich zu nehmen, weshalb sich das Small Home direkt auf dem Schulgelände befindet


Während unserer ca. einstündigen Matatufahrt bemerkten wir bereits, wie sich die Luft verbesserte, je weiter wir uns von Nairobi entfernten. Die Umgebung wurde immer grüner und weitläufiger - Eindrücke, die wir sehr genossen. Angekommen in Tala wurden wir von Jonas und Lena abgeholt und schlenderten erstmal ein bisschen über den Stoffmarkt und aßen etwas. Anschließend fuhren wir mit dem Pikipiki (siehe Foto unten) nach Misyani in das Small Home, in dem wir freundlich von seinen Bewohnerinnen und Bewohnern sowie von „Mum“, der Leiterin der Einrichtung, begrüßt wurden. Nach einer kurzen Ruhepause sind wir dann spazieren gegangen, was man auch quasi schon Wandern nennen könnte. Ich war total begeistert von der Ruhe, der sauberen Luft und der grünen und wunderschönen Landschaft. Anstelle der bisher aus der Großstadt bekannten Geräusche von hupenden Autos, „Beba Beba!“-Rufen von Matatufahrern und den vielen Stimmen von den vielen Menschen überall, hörte ich Grillen, leise rauschende Blätter und zwischendurch mal ein Mähen oder Muhen. Ich fühlte mich sofort total entspannt und konnte es kaum fassen, dass ich mich an einem so ruhigen und idyllischen Ort befinde.









 
Als wir gegen sieben Uhr mit dem Sonnenuntergang (ein sehr wichtiger Zeitpunkt, da einem danach nur noch der Mond und die Sterne den Weg leuchten) wieder in das Small Home zurückkehrten, wurde gemeinsam gekocht und gegessen und danach ging es auch schon so gegen neun Uhr ins Bett.
Am nächsten Tag wurden wir von den Lauten der Kinder aufgeweckt, die sich größtenteils selbstständig für die Schule fertigmachten. Als alle Kinder weg waren herrschte erstmal Ruhe und nach einem ausgiebigen Frühstück wuschen wir die Wäsche der Kinder und Lena und Jonas führten mit ein paar Kindern mithilfe von Stäbchen, Legosteinen und anderem Konstruktionsmaterial eine Fördereinheit für den Bereich Feinmotorik durch, die viel Spaß machte und sehr interessant war. Danach haben wir unsere Beobachtungen aufgeschrieben und diskutiert und es wurden schonmal ein paar Förderziele überlegt.

Nachmittags sind Lena, Svenja und ich dann mal wieder spazieren gegangen (diesmal keine Wanderung). Nachdem uns zunächst ein paar Kinder begleitet hatten, die wir auf dem Weg trafen und die sich anscheinend sehr über unsere Anwesenheit amüsierten, suchten wir uns ein gemütliches Plätzchen zum Ausspannen und gingen am frühen Abend wieder ins Small Home, wo wir noch ein wenig mit den Kindern spielten und aßen.

Superleckeres Frühstück: Avocado, Mango, Banane, Tomate, Butter, Salz, Pfeffer, Margarine, Chai mit Zimt, Bot und Reiswaffeln

Entspannung im Grünen

Am nächsten Tag ging es dann nach dem Frühstück tiefenentspannt und erholt mit dem Pikipiki und anschließend Matatu zurück nach Nairobi, wo nachmittags der Kiswahilikurs und am nächsten Tag die Kinder aus unserer eigenen Einsatzsstelle in Huruma auf uns warteten.

 Erinnerungsfoto am Schluss
(von links nach rechts: Lena, Svenja, ich, Jonas, kleines süßes Kätzchen ohne Namen)

... und anschließend mit dem Pikipiki nach Tala

 Während der Rückfahrt im Matatu (kleiner Bus) sehen wir uns noch einmal die schöne weite Landschaft an, bevor wir Nairobi erreichen.
 Hier im Hochland sieht der Himmel ziemlich nah aus.

Während der Fahrt bitte nicht mit dem Fahrer sprechen (oder so ähnlich... ;)

Samstag, 6. Oktober 2012

Hello again!

Nach einiger Zeit gibt es auch hier mal wieder ein Lebenszeichen von mir. Hier ist einfach immer so viel los, dass ich gar nicht dazu komme, meinen Blog zu schreiben, aber heute habe ich mir mal ein bisschen Zeit dafür genommen, weil ihr ja auch mitkriegen sollt, was hier so los ist:


Das Projekt – Little Bees Children Centre

Vor drei Wochen sind Svenja und ich in unserer Einsatzstelle, dem Little Bees Children Centre, in Huruma angekommen. In dieser Schule werden Kinder und Jugendliche ab der „nursery“ (3-5 Jahre) bis Klasse 8 unterrichtet. Die meisten Kinder kommen aus benachteiligten Verhältnissen und haben in dieser Einrichtung die Möglichkeit, in die Schule zu gehen und bekommen auch mittags etwas zu essen. Im Verhältnis zu der Lehreranzahl gibt es sehr viele Schüler, die auf recht engem Raum unterrichtet werden, da natürlich so viele Kinder wie möglich aufgenommen werden sollen.
Nach einer sehr kurzen Einarbeitungszeit (ca. 10 Minuten) wurde uns dann auch schon eine zweite Klasse zugeteilt, in der wir seitdem die Fächer Englisch, Mathe, Social Studies, Science und Religion in englischer Sprache unterrichten. Eine Aufgabe, die eine große Herausforderung und oft auch eine Überforderung für uns beiden Nicht-Lehrerinnen mit wenig Erfahrung in diesem Bereich darstellt. Außerdem sind die Unterrichtsvoraussetzungen in dieser Schule anders als solche, wie man sie aus Deutschland gewöhnt ist. Die Kinder verfügen über deutlich weniger Materialien. So kommt es vor, dass Einzelne nicht mitschreiben können, da sie kein Heft haben oder wenn jemand seinen Bleistift verliert, ist oft kein Zweiter griffbereit, sodass erstmal eine Suchaktion gestartet wird. Nur sehr wenige Schüler in der Klasse haben ein Radiergummi, welches sie sich dann teilen und zum Stifte anspitzen werden Rasierklingen benutzt, über die ich mich an Anfang etwas erschrocken habe, bevor ich wusste, dass es für die Kinder üblich ist, eine solche mit sich zu führen. Svenja und ich teilen uns einen Raum mit zwei weiteren Klassen. Diese Klassen“räume“ sind sehr klein und durch aufgehängte Planen voneinander abgetrennt, weshalb bei der Unterrichtsgestaltung der Lautstärkefaktor immer mit einbezogen werden muss. Das stellt natürlich eine Einschränkung, gerade bei kreativen und spielerischen Methoden, dar.
Die Kinder haben nur wenig Platz, da sie meist zu viert auf einer solchen Schulbank sitzen.
Da sind gelegentliche Streitereien nachvollziehbar.

Über diese Leiter gelangen die älteren Schüler in ihren Klassenraum.

Mit einer Plane werden zwei Klassenräume voneinander abgetrennt.
Wenn's in einer Klasse mal unruhig wird, haben alle etwas davon. Und auch sonst bekommen wir alles mit, was sich in den beiden Nachbarklassen abspielt und natürlich auch umgekehrt.


Nachdem wir in den ersten Tagen extrem überfordert waren und nicht wussten, wie wir diesen Anforderungen in den nächsten 11 Monaten gerecht werden sollten, haben wir uns mit der Zeit immer mehr unseren Weg gebahnt, um den Kindern einen nach unseren Möglichkeiten  guten Unterricht bieten zu können, der auch nach unseren Vorstellungen pädagogisch wertvoll ist und sich so gut es geht in die Gegebenheiten und das Konzept der Schule und den Lehrplan einfügt. Es gibt viele Unterschiede zum deutschen Schulsystem, Voraussetzungen, Methoden und Ansichten und manchmal fällt es wirklich schwer bzw. scheint es auch nicht möglich zu sein, einen Mittelweg zu finden, mit dem möglichst alle zufrieden sind.
In solchen Situationen versuche ich mir zu denken, dass die Situation eben da ist, und dass es darauf ankommt, selbst das Beste daraus zu machen, anstatt zu resignieren, zu verurteilen oder sich aufzuregen. In manchen schwierigen Momenten fällt es sehr schwer, sich das vor Augen zu halten und natürlich wird es manchmal einfach zu viel oder ich rege mich dann einfach nur über verschiedene Dinge auf.
Allerdings hat uns diese Einstellung in den letzten Wochen wirklich geholfen, uns mit der Situation zu arrangieren und etwas möglichst Gutes daraus zu machen. Wir haben eine Tagesstruktur entwickelt und konnten mittlerweile auch in chaotischen Situationen immer mehr Sicherheit gewinnen und konsequenter reagieren. Wir haben auch Möglichkeiten gefunden mit unserer eigenen Energie effizient umzugehen, was uns bei der Erfüllung der zuerst nicht machbar erscheinenden Anforderungen wirklich geholfen hat. Dabei waren Buntstifte eine sehr große Hilfe. So machen wir vormittags Unterricht und nach der Mittagspause reflektieren wir diesen kurz mit den Schülern und meistens geben wir ihnen dann die Aufgabe, ein Bild über ein bestimmtes Thema zu malen. Für den Unterricht nutzen wir eine Mischung aus Frontalunterricht und spielerischen, kreativen Methoden, für die wenig Platz benötigt wird und die nicht zu viel Lautstärke provozieren. Außerdem haben wir eine uns sinnvoll erscheinende Sitzordnung für die Schüler festgelegt. Und wenn sich mal ein Schüler gar nicht gut verhält, haben wir verschiedene Möglichkeiten, um spontan darauf zu reagieren (extra Matheaufgaben, heute mal kein Bild malen, Platzwechsel, bei Streit miteinander reden).
Trotzdem habe ich oft das Gefühl, dass wir den Kindern nicht all das beibringen können, was sie lernen müssen und frage mich, was uns überhaupt als „Nicht-Lehrer“ dazu berechtigt,  sie zu unterrichten. Vor allem Fächer wie Religion oder Social Studies, für die ein Lehrer, der mit derselben Kultur, wie die Kinder vertraut ist, meiner Meinung nach geeigneter wäre. Ein Kritikpunkt, der nicht ganz unbeachtet werden lassen sollte. Wir versuchen uns in diesem Falle recht genau an die Themen in den Lehrbüchern zu halten und diese für die Schüler nach unserem Ermessen möglichst interessant zu gestalten.

Nancy (l.) und Carol (r.) bearbeiten hochkonzentriert eine Aufgabe.

he, she, it - "s" muss mit!

Gefühle - das daran anschließende Pantomime-Spiel schien allen viel Spaß gemacht zu haben.

 gesunder Pausensnack


„Die Kenianer sind…???“

Wie ich letztens sehr eindrücklich erfahren habe, sollte man in einem Matatu lieber kein Handy benutzen, zumindest nicht, wenn man einen Platz am offenen Fenster hat. Obwohl wir davor gewarnt wurden, habe ich in das Gute im Menschen vertrauend ganz in Ruhe eine SMS geschrieben. Und Zack! - eine Hand von draußen und das Handy war weg. So schnell kanns gehen. Da habe ich mich echt total geschrocken und auch über mich selbst geärgert. Ich war den ganzen Nachmittag ziemlich sauer und habe nicht mehr so viel Gutes in den Menschen, vor allem in denen aus Nairobi sehen können. Als Svenja und ich noch am selben Abend im City Center den Weg zu einem Treffpunkt nicht wussten und eine Verkäuferin uns quer durch die ganzen Straßen bis zu unserem Ziel geführt hat, war ich –in Gedanken noch an der „Handyklausituation hängend“- erst total misstrauisch und hatte Gedanken wie „Die führt nicht zum richtigen Ort, oder an einen gefährlichen Ort, an dem wir ausgeraubt werden“ oder „Die will nachher bestimmt Geld von uns“ und hatte schon überlegt, ihr nicht mehr zu folgen. Als sich die Verkäuferin dann am richtigen Ziel angekommen von uns verabschiedete, uns einen schönen Abend wünschte und einfach ging, wurde mir klar, dass sie einfach nur sehr nett und hilfsbereit war. In dieser Situation wurde mir deutlich, dass in Kenia, wie in Deutschland wie auch in allen anderen Ländern dieser Welt ganz unterschiedliche Menschen leben (und nicht zb. alle Kenianer auf Geld aus und alle Deutschen superordentlich sind) und dass Sätze wie „Die Kenianer sind…“ oder „Die Deutschen sind…“ keinen Sinn machen weil es kein Land auf der Welt gibt, in dem alle Menschen gleich sind.
Und auch Nairobi ist eine sehr vielfältige Stadt. Und das ist vielleicht die einzige Aussage, die man treffen kann, die ganz Nairobi beschreibt. Man muss nur in ein Matatu steigen, ein paar Minuten fahren und schon hat man Gebiete gesehen, in denen sehr arme Menschen in Slumgegenden mit nur wenigen befestigte Straßen, wenig Platz und Müllproblemen leben und kurze Zeit später befindet man sich in Gegenden, in denen plötzlich gar kein Müll mehr liegt, große schicke Häuser mit großen Grünanlagen stehen, die Straßen nicht mehr holpern, in denen schicke Autos herumfahren und sogar die Luft ganz anders ist. Und zwischen diesen beiden Extremen, die ich hier beschrieben habe, gibt es natürlich auch noch ein großes Spektrum an Erscheinungsbildern, die Nairobi zu bieten hat. Wer Lust hat, sich das mal genauer anzusehen, sollte sich unbedingt den Film „Nairobi Half Life“ angucken. Ein spannender Film, der ein sehr realistisches und authentisches Bild - beziehungsweise Bilder - von der Stadt vermittelt, in der ich zurzeit lebe. Ich war gestern Abend im Kino, um ihn mir anzusehen und total begeistert.


Nach Feierabend

Natürlich arbeite ich nicht 7 Tage die Woche und 24 Stunden am Tag (Das ist auch gut so!). Nachdem ich von 8-15 Uhr in der Schule war, habe ich Feierabend und fahre mit dem Matatu (kleiner Bus mit meistens sehr lauter Musik) den holperigen Weg von Huruma nach Buruburu. Dort habe ich zweimal pro Woche Kiswahilikurs und ansonsten trifft man sich hier öfters mal spontan, um was zu unternehmen, was essen zu gehen oder einfach nur in der Saftbar zu sitzen und zu quatschen. Es gibt auch ein Schwimmbad, in dem wir auch schon waren. Außerdem kann man hier super shoppen gehen. In Buruburu gibt es einen Markt, auf dem man nach einigem Wühlen und Verhandeln supergünstig an echt schöne Sachen kommt. Auch an den Straßenrändern werden überall Klamotten, Schuhe, Schmuck, Socken, Möbel, Gemüse, Obst, Nüsse, Maiskolben, Hühner und eigentlich alles was man sich sonst so vorstellen kann, verkauft.


 Schuhe!


Es gibt außerdem viele Pubs, in denen man uns dann auch gelegentlich mal antrifft (Sisi si walevi!), in denen wir uns dann bei vitaminreichen Getränken über die Woche austauschen ;) Für das Wochenende gibt es eine große Auswahl unterschiedlicher Clubs, in denen man echt toll feiern und tanzen gehen kann und ständig interessante Menschen trifft. Und wenn man dann mal als Weiße nicht so auffallen möchte, fährt man einfach nach Westlands. Dort wohnen die eher wohlhabenderen Menschen aus Kenia und dem Rest der Welt und alle sind gleich unterschiedlich, so dass der einzelne gar nicht mehr auffällt. In Discos und Pubs werden ganz nach dem Motto: "Was im Pub passiert bleibt im Pub (und nicht bei Facebook)" keine Fotos gemacht. Eigentlich eine ganz gute Sache.
Wir fahren auch öfters mal woanders hin. Zum Beispiel ins Nairobi City Center, wo es z.B. den Uhuru Park gibt, in dem man recht gemütlich sitzen kann.

Der Uhuru Park im City Centre

Ansonsten es im City Centre sehr stressig. Überall laufen viele Menschen herum und man darf nicht stehen bleiben und sich anmerken lassen, wenn man orientierungslos ist (passiert mir ja schon gelegentlich mal) da man sonst eher beklaut wird, als wenn man selbstbewusst durch die Straßen läuft. Also: Weitergehen und währenddessen überlegen wo man eigentlich langmüsste.
Letzten Sonntag waren wir im City Central Park oder auch Affenpark genannt. Hier leben viele Affen, die frei herumlaufen und man kann sich gemütlich auf eine Wiese setzen und sie beobachten. Außerdem gibt es dort viele Pflanzen und Bäume. Ein sehr schöner Ausgleich zu den eher stressigen Orten an denen man sich hier meistens sonst so aufhält.
 Annäherungsversuche :)






...ein herrlicher Tag!